Corona und die Architektur
Mehr Bäder für mehr Hygiene?
Corona wird uns noch länger begleiten, da sind sich Virologen und Epidemiologen einig. Damit einhergehend bleibt auch die Häufigkeit und Dauer des Händewaschens. Wird sich diese veränderte Hygienemaßnahme auch auf die Architektur auswirken?
Die New-Yorker Journalistin und Bioethikerin Elizabeth Yuko ist dieser Frage nachgegangen. In ihrem spannenden Artikel schreibt sie, dass, wenn Lloyd Alter ein neues Haus bauen würde, er jetzt sicher ein Waschbecken im Eingangsbereich einplanen würde. „Ich denke, wir werden ein echtes Wiederaufleben des Vestibüls erfahren“, sagt der Dozent für nachhaltiges Design an der Ryerson School of Interior Design in Toronto. Damit meint der Designhistoriker und ehemalige Architekt eine Übergangszone von außen nach innen, in der man schmutzige Sachen ausziehen und Hände waschen kann, bevor man ins Haus geht. Bereits vor einigen Jahren sagte Alter voraus, dass die Vermeidung von Krankheiten bei der Badezimmergestaltung in den Vordergrund rücken würde. Die Annahme stützte er auf seine Beobachtungen zu den traumatisierenden Auswirkungen des SARS-Ausbruchs von 2003 auf Toronto.
Einfluss von Infektionskrankheiten
Wohndesign, schreibt Yuko sinngemäß weiter, stehe seit jeher unter dem Einfluss von Infektionskrankheiten. So hätten Pandemien wie Tuberkulose, Cholera und Grippe stets auch eine Auswirkung u. a. auf die Ausführung von Wänden, Böden und Oberflächen in Bädern gehabt. Nun sei es das Coronavirus, das Themen wie Gesundheit und Hygiene erneut in den Vordergrund rücke.
Hygiene-Innovationen im Bad
Weil man aktuell einen großen Teil der Lebenszeit mit Händewaschen sowie ausgiebigem Schrubben der Knöchel und Fingernägel verbringe, sei es nicht verwunderlich, dass mehr als sonst über Hygiene-Innovationen im Bad nachgedacht werde. Ein Verhalten, dass man laut Bo Sullivan ebenso in vergangenen Epochen ausmachen könne. Der Designer und Architekturhistoriker ist auf amerikanische Wohnarchitektur und -dekoration von 1870 bis 1970 spezialisiert und sieht zum Beispiel das Ende der Tapete im Sanitärbereich im späten 19. Jahrhundert in ganz engem Zusammenhang mit dem Wunsch nach mehr Reinlichkeit und Sicherheit für die Gesundheit.
Mehr Bäder für mehr Hygiene
Die Sorge um die Hygiene und die Ausbreitung von Infektionskrankheiten förderte ebenfalls die Tendenz zum Zweitbad. In mehrstöckigen Häusern befanden sich die Badezimmer normalerweise im oberen Stock in der Nähe der Schlafzimmer. Als im frühen 20. Jahrhundert Influenza-Ausbrüche wüteten, bauten zahlreiche Hausbesitzer im Erdgeschoss in der Nähe des Eingangs ein kleines Badezimmer hinzu, die „Gästetoilette“. Zusteller oder Besucher erhielten darin die Möglichkeit, ihre Hände zu waschen, anstatt Keime aus den Häusern anderer Menschen in die persönlichen Räume der Familie zu bringen.
Neue Designtrends als Reaktion auf Corona?
Als dann aber Antibiotika zum Alltag gehörten, und dem Design wieder andere Aufgaben zuteil wurden als Krankheiten abzuhalten, tauchten andere Trends auf. Die Bäder mit Teppichböden der 70er-Jahre gehören dazu. Ganz am Ende ihrer Abhandlung fragt sich Yuko, wie wohl die Reaktion auf das Trauma Corona ausfallen werde. Mehr Bequemlichkeit in Form einer gemütlichen Ausstattung? Oder aber neues Design mit dem Schwerpunkt auf Pflegefreundlichkeit? Oder vielleicht eine Kombination aus beidem?
Den kompletten Beitrag (verfasst in englischer Sprache), der bebildert ist mit Zeichnungen von Bädern aus dem 19. und 20. Jahrhundert, lesen Sie hier.
Ebenfalls lesens- bzw. hörenswert sind die folgenden Produktionen der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft (VDS e.V.) mit generellen Tipps zum Einrichten und Saubermachen: