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Allgemein Barrierefrei
19. November 2020
Der Welt-Toiletten-Tag bietet Anlass zur Diskussion

Welt-Toiletten-Tag

Das stille Örtchen im Visier

(dh-abb) Am 19. November ist Welt-Toiletten-Tag. Kurios? Keineswegs, denn der Hintergrund ist durchaus ernst: Mehr als 4,2 Milliarden Menschen weltweit leben laut UN ohne Zugang zu sicheren sanitären Einrichtungen. Krankheiten sind die Folge. Solche Probleme haben wir hierzulande zum Glück nicht. Trotzdem läuft auch auf unseren Toiletten nicht alles optimal.

Die Corona-Pandemie hat uns schmerzlich vor Augen geführt, dass wir auch in den Industrieländern auf mehr Hygiene achten müssen. Von der Körperpflege bis zur gründlichen Reinigung der Gegenstände, die wir benutzen. Weil Erreger auch über Schmierinfektionen übertragen werden können.

Hygiene am WC

Nehmen wir daher doch den Welt-Toiletten-Tag zum Anlass, um über unsere Hygiene rund um das WC nachzudenken. Beginnen wir mit dem Toilettenpapier. Dessen Siegeszug begann in den 1920er Jahren, als Hans Klenk die erste Toilettenpapierfabrik in Ludwigsburg gründete. Damals bestand eine Rolle aus 1000 Blatt rauen Krepppapiers. In den 1970er Jahren kam das feuchte Toilettenpapier hinzu. Wie wichtig den Deutschen ihr Toilettenpapier immer noch ist, wissen wir spätestens seit den Hamsterkäufen zu Beginn der Corona-Krise. Aber: Sowohl die trockene Reinigung mit Papier als auch die mit Feuchttüchern ist aus ökologischer und gesundheitlicher Sicht bedenklich.

Reinigung mit Wasser

Ärzte empfehlen daher die Reinigung mit Wasser. Dermatologin Dr. Andrea Dietrich: „Die Reinigung mit Wasser ist sowohl trockenem als auch feuchtem Toilettenpapier eindeutig vorzuziehen, weil sie viel sanfter und gründlicher ist. Klares Wasser enthält keine allergieauslösenden Stoffe. Zudem entsteht beim Waschen mit Wasser keine Reibung, es muss kein Druck aufgewendet werden.“

Dusch-WC als Alternative

Die bequemste und diskreteste Reinigung mit Wasser erfolgt durch eine Toilette mit integrierter Duschfunktion. Diese Dusch-WC reinigen den Intimbereich auf Knopfdruck mit einem nach Gusto einstellbaren Wasserstrahl. Die Trocknung der sensiblen Haut erfolgt durch einen Warmluftföhn. Je nach Modell stehen zusätzliche Komfortfunktionen zur Wahl. Beispielsweise eine Geruchsabsaugung oder ein WC-Sitz mit Heizung. Im Vergleich zur Kombination von Toilette und Bidet ist ein Dusch-WC deutlich Platz sparender. Außerdem kann man nach dem Toilettengang für die Reinigung einfach sitzen bleiben.

Welt-Toiletten-Tag: Dusch-WC
Mit einem modernen Dusch-WC ist die Intim-Hygiene einfach, sanft und sehr hygienisch. Foto: Duravit
Perfekte Hygiene und Lebensqualität

Positiv ins Gewicht fällt überdies, dass es Menschen mit körperlicher Einschränkung oder Pflegebedürftigkeit ein Stück Lebensqualität und Würde sichern kann. Weil sie mit einem Dusch-WC die Chance haben, die eigene Körperpflege so lange wie möglich ohne fremde Unterstützung zu bewältigen. Sie eignen sich daher gut für barrierefreie Badezimmer. Unter Umständen können sie sogar als Hilfsmittel von der Krankenkasse finanziert werden.

Auf der Webseite www.badetag.online sind neben dieser Podcast-Folge weitere Produktionen z.B. zur Hygiene im Bad zu finden.

Erfunden wurde das Dusch-WC übrigens von einem Schweizer. Etabliert hat es sich hingegen in Asien. In Japan liegt ihr Anteil bei stolzen 80 Prozent. Aber auch in Deutschland geht der Trend inzwischen eindeutig hin zum Dusch-WC.

Schultoiletten = Gesundheitsrisiko?

Und wie sieht es jenseits des heimischen Badezimmers aus? Die Schultoiletten standen gerade in den letzten Jahren besonders in der Kritik. Also schon vor der Corona-Krise, die dem Thema noch mehr Brisanz verleiht. Auf Initiative der German Toilet Organization e. V. (GTO) trafen sich vor gut eineinhalb Jahren Abgeordnete des deutschen Bundestages, um über die Sanitärversorgung an Schulen zu diskutieren.

Wertschätzung der Sanitärversorgung

Im Mittelpunkt standen die schlechten hygienischen Bedingungen und das damit verbundene Gesundheitsrisiko. Als Gründe hierfür wurden etwa eine vernachlässigte Infrastruktur und ungenügende Reinigungsleistungen genannt. Daneben spielten aber auch fehlende pädagogische Konzepte zur Wertschätzung der Sanitärversorgung eine Rolle. Diese führten bei Schülern zur Meidung der Toiletten und Vandalismus.

Toilettenkultur in Asien

Anders in Teilen Asiens. „Für Europäer sind Toiletten nicht mehr als Toiletten. Aber für Koreaner und Japaner sind sie ein kultureller Raum.“ Das sagt Anne Lee, Leiterin des „Mr. Toilet House“ in Suwon, Südkorea. Das Gebäude in Form einer überdimensionalen Toilette war das Wohnhaus von Sim Jae-Duck, der sich sehr für mehr hygienische Sanitäranlagen und ein Ende der Vorurteile engagierte. Nach seinem Tod wurde die zweistöckige Villa aus Stahl und Glas 2009 zu einem Museum umgebaut. Lee’s Aussage zufolge sprächen Südkoreaner frei und ohne Scham über das Thema. Grund sei u.a. das Toilettentraining, das in Form von praktischen Unterweisungen bereits im Kindergartenalter erfolge.

Welt-Toiletten-Organisation

Die kulturelle und technologische „Toilettenrevolution“ gelangte vor Jahrzehnten von Japan über Südkorea auch nach Singapur. Dort gründete der Geschäftsmann Jack Sim die World Toilet Organization (WTO). Es handelt sich dabei um eine nichtkommerzielle internationale Organisation. Ihre Aufgabe ist die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für das Thema. Zudem finanziert sie innovative Projekte. Eigenen Angaben zufolge hat der Dachverband nationaler Toilettenorganisationen inzwischen 235 Mitgliedsorganisationen aus 58 Ländern.

Welt-Toiletten-Tag

Sim: „Niemand will über Toiletten sprechen. Aber ich will über Toiletten sprechen. Denn wenn wir das nicht tun, können wir sie auch nicht verbessern.“  Auf seinen Vorschlag hin ist seit 2013 jährlich am 19. November der offizielle Welt-Toiletten-Tag der Vereinten Nationen. An diesem Tag soll die Toilette gefeiert werden. Denn mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung verfügt über keine sicheren sanitären Einrichtungen.

Sanitärversorgung für alle

In ihrer Agenda 2030 hat die UN 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung formuliert. Ziel 6 beschäftigt sich mit Wasser und der sanitären Versorgung für alle bis 2030. Dieses Jahr steht der Welt-Toiletten-Tag unter dem Motto „Nachhaltige sanitäre Grundversorgung und Klimawandel“.