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Kontrastreiche Gestaltung

Laut Weltgesundheitsorganisation WHO sind insbesondere Menschen ab 65 Jahren von einer drastischen Verschlechterung der Sehleistung betroffen. Und der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) schätzt, dass etwa eine halbe Million sehbehinderte Menschen in Deutschland leben. Im Zuge des demografischen Wandels wird diese Zahl wahrscheinlich noch deutlich steigen.

Insofern ist es wichtig, beim Bau oder Umbau von barrierefreien Bädern auch auf eine kontrastreiche Gestaltung zu achten. Diese ist üblicherweise kostenneutral und von ihr profitieren alle Menschen, auch diejenigen ohne Seheinschränkungen.

Orange und grün haben etwa die gleiche Leuchtdichte. Menschen mit fehlendem Farbsehen erkennen keinen Unterschied und ein Hell-Dunkel-Kontrast ist nicht vorhanden, erkennbar an der rechten grauen Fläche.

Im Klartext bedeutet es, dass sich die Ausstattungselemente – wie Waschbecken, WC, Badewanne, Haltegriffe oder Haken – von der Wand bzw. dem Hintergrund durch auffällige Kontraste abheben sollen. Die DIN 18040-2 Barrierefreies Bauen – Planungsgrundlagen – Teil 2 nennt als Beispiele für eine solche Gestaltung einen hellen Waschtisch vor einem dunklen Hintergrund oder kontrastierende Umrahmungen.

Was „visuell kontrastierend“ aus technischer Sicht exakt bedeutet, lässt sich in den DIN 18040-3 bzw. 32975 nachlesen: Benachbarte Flächen müssen sich mit einem Leuchtdichtekontrast ≥ 0,4 zueinander absetzen. Zusätzlich muss der Reflexionsgrad (er entspricht ungefähr dem Hellbezugswert) der helleren Farbfläche einen Wert ≥ 0,5 aufweisen.

Aber woher weiß der private Bauherr, ob der gewählte Kontrast zweier Farbflächen zueinander ausreichend ist? Es gibt drei verschiedene Möglichkeiten, dies herauszufinden:

  1. Um eine grobe Vorstellung davon zu bekommen, ob ein Farbkontrast z.B. auch von farbenblinden Menschen wahrnehmbar ist, genügt es, z.B. beide unterschiedlich farbigen Fliesen nebeneinander zu legen und von diesen ein Farbfoto zu machen. Nach der Umwandlung in ein Schwarz-Weiß-Foto kann der Betrachter den Kontrast anhand der unterschiedlich hellen Grauflächen erkennen und nach Gefühl entscheiden, ob er ausreicht oder nicht. Eine normgerechte Kontrastbestimmung ist mit dieser Methode natürlich nicht möglich.
  2. Soll überprüft werden, ob die Forderungen der DIN erfüllt sind, gibt es eine relativ preiswerte und zeitsparende Möglichkeit. Dazu werden die Farben der aneinander grenzenden Flächen mit den Mustern des RAL-DESIGN-Fächers (der 1625 Farbtöne auflistet) verglichen und die „Helligkeiten L*“, die unter jedem Farbmuster stehen, notiert. Mit den (in der u.a. Tabelle ablesbaren) „Hellbezugswerten Y*“ der beiden RAL-Farbtöne kann dann anhand der „Michelson-Formel“ der Kontrastwert annähernd ermittelt werden. Diese Methode ist für nahezu alle Kontrastfragen, die beim Planen und Bauen auftreten können, voll ausreichend.

    Auf den Farbkarten des Farbfächers ist jeweils der Helligkeitswert einer Farbe (als zweiten „Block“ des jeweiligen Farbnamens) abgedruckt. Anhand der rechten Tabelle können die Umwandlungswerte von "Helligkeit" in "Hellbezugswert" ermittelt werden.
    Auf den Farbkarten des Farbfächers ist jeweils der Helligkeitswert einer Farbe (als zweiten „Block“ des jeweiligen Farbnamens) abgedruckt. Anhand der rechten Tabelle können die Umwandlungswerte von „Helligkeit“ in „Hellbezugswert“ ermittelt werden.
  3. Wird allerdings ein gutachterlicher Kontrastwert gefordert, der z.B. bei einem Gerichtsverfahren Verwendung finden soll, muss die „Leuchtdichte“ (L) z.B. der beiden zueinander kontrastierenden Fliesen mit Hilfe eines Leuchtdichtemessgerätes unter exakt gleichen Beleuchtungsverhältnissen gemessen werden (Achtung: Dieselbe Farbe ergibt bei unterschiedlichen Beleuchtungssituationen völlig unterschiedliche L-Werte!). Gemessen wird entweder unter Laborbedingungen oder vor Ort. Aus den ermittelten Werten wird mit Hilfe der Michelson-Formel der Kontrast berechnet. Für die Messung sollte ein lichttechnisches Institut herangezogen werden.

Handelt es sich bei zumindest einer der beiden Kontrastflächen um Fliesen, kann die Ermittlung des Kontrasts unter Umständen noch etwas schwieriger sein als bei strukturlosen Farbflächen, da im Gegensatz zu Herstellern von Farben die Fliesenproduzenten leider so gut wie keine Angaben zu Helligkeit, Hellbezugswert oder Reflexionsgrad machen und auch die Mitarbeiter im Fliesenfachhandel erfahrungsgemäß keine Kenntnis über eine Kontrastbestimmung haben.

Da Reflexionen Kontraste extrem verfälschen und visuelle Irritationen hervorrufen können, ist dem Bauherren dringend zu empfehlen, grundsätzlich auf matte Fliesen zurückzugreifen. Wichtig für sicheres Erkennen einer Raumstruktur und deren Elemente ist außerdem eine helle und gleichmäßige Beleuchtung (möglichst ohne Schattenbildung), die die Farben nicht verfälscht.

Wir danken Dipl.-Päd. Dietmar Böhringer, Beauftragter für barrierefreies Gestalten des Verbandes für Blinden- und Sehbehindertenpädagogik (VBS), für seine Unterstützung.
Vertiefende Informationen zum Thema Kontraste können in seinem Buch „Barrierefreie Gestaltung von Kontrasten und Beschriftungen“ (136 Seiten, Verlag: Fraunhofer IRB Verlag, ISBN-10: 3816784453) nachgelesen werden.

 

Die Darstellung des RAL DESIGN D2 Farbfächers erfolgt mit freundlicher Genehmigung der RAL gGmbH, Bonn. © RAL gGmbH, Bonn.

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