Rollstuhlgerechte Badplanung
Im Ernstfall wohlfühlen
Zur Planung eines rollstuhlgerechten Bades gehört viel mehr als die Auseinandersetzung mit DIN-Normen und den entsprechenden Produkten. Mehr als bei jedem anderen Bad dreht sich hier alles um die Bedürfnisse des späteren Nutzers.
Nur die detaillierte Analyse seiner Beeinträchtigung, der sogenannte Grad der Behinderung, und der damit verbundenen Bewegungsabläufe können zu einem stimmigen, funktionellen Bad führen.
Die einzelnen Bewegungsabläufe müssen genau ermittelt werden, denn …
… bei kompletter Pflegeabhängigkeit muss zusätzlicher Stand- und Bewegungsraum für die Pflegeperson eingeplant werden – an Waschplatz und WC sowie im Duschbereich.
… bei einer Einschränkung der Beine sind Haltegriffe am WC, Waschbecken sowie im Dusch- und/oder Wannenbereich erforderlich. Die Sanitärobjekte sollten unterfahrbar sein und integrierte Griffmulden zum Heranziehen aus eigener Kraft haben. Ablageflächen in Griffhöhe, ein Spiegel in der richtigen Höhe oder kippbar, ein WC mit größerer Ausladung, Duschsitz, Armaturen in Reichweite sowie eine Wanne mit seitlicher Bank und integrierten Haltegriffen sowie integriertem Wannenzulauf gehören ebenfalls zu den empfehlenswerten Einrichtungsgegenständen. Alle Schalter, Griffe, Armaturen etc. müssen mit ausgestreckter Hand oder leicht abgewinkeltem Arm erreichbar sein.
… bei einem einseitigen Handicap z. B. durch einen Schlaganfall muss alles auf die eine noch funktionstüchtige Hand zum Abstützen und Greifen ausgerichtet sein. Kann etwa nur die linke Seite eingesetzt werden, sollte der Rollstuhl rechts rückwärts neben dem WC Platz finden und auf der linken Seite ein Haltegriff installiert werden.
Die wichtigsten Planungstipps
Beim Eingang unbedingt die Mindestbreite von 88,5 cm einhalten – je größer, desto besser. Die Tür sollte nach außen in den Flur öffnen, am besten mit einem elektrischen Öffner. Im Idealfall liegt er etwas weiter von ihr entfernt. Gleiches gilt für den Lichtschalter. • Die Wände kratz- und stoßfest bauen und z. B. an den Ecken und Türen Rollstuhlstoßkanten vorsehen.
Ein WC mit großer Ausladung einplanen; die WC-Betätigungsplatte nicht wie üblich im Rücken, sondern seitlich montieren lassen.
Die Bodenfliesen müssen rollstuhlgerecht sein und möglichst rutschhemmend.
Im Duschbereich ist eine bodengleiche „Duschwanne“ selbstverständlich. Die Abflussroste sollten am besten hinter der Wand liegen. Fest montierte Brausen auf die Sitzposition ausrichten.
Eine Dusche in der Nische sollte mindestens 150 x 150 cm groß sein. Eine Ecklösung benötigt bei offener Gestaltung mindestens 140 x 140 cm. Möglichst auf einen Duschvorhang oder eine Glasabtrennung verzichten. Ausnahme: Ist eine Pflegeperson notwendig, dann sollte für sie im unteren Bereich der Dusche ein halbhoher Spritzschutz eingebaut werden.
Nach Möglichkeit ein Notrufsystem am WC und in der Dusche installieren.
Grundsätzlich mit Objekten einrichten, die abgerundete Ecken und Kanten haben. Im Bewegungsradius auf lose Dekorationen verzichten.
Professionelles Planungsmotto: Aus zwei mach eins!
Ein rollstuhlgerechtes Bad beansprucht viel Fläche. Besteht die Möglichkeit, sollte das Bad über einen Wanddurchbruch zum Nachbarraum vergrößert werden. Auf diese Weise lassen sich eine Aktivzone mit WC und Waschplatz sowie ein Nassbereich mit Dusche und Badewannen voneinander trennen.
Eine Schaltzentrale für die Aktivzone
Innenarchitektin Nicola Stammer ging bei der Planung für das rollstuhlgerechte Beispielbad sogar noch einen Schritt weiter und hat in der Aktivzone zusätzlich zum Waschplatz einen Frisier-/Körperpflegeplatz mit beleuchtetem Spiegel eingeplant. Eine schmale seitliche Schublade hält alle wichtigen Utensilien griffbereit. Auch eine Waschmaschine findet hier Platz. Ein Klapphaltegriff mit Spültaste und WC-Papierhalter hilft, den Alltag so oft wie möglich selbstständig zu bewältigen. Die Wand hinter dem WC ist raumhoch. Auf Ablagen oder eine Wandnische wurde bewusst verzichtet, da sie das Risiko erhöhen, sich den Kopf zu stoßen.
Ein Bus für alle Fälle
Moderne Technik wie ein „Binary Unit System“ (BUS) kann besonders für Personen mit Handicap eine wertvolle Unterstützung sein. Die intelligente, nach den eigenen Bedürfnissen und Gewohnheiten programmierte Zentralsteuerung vernetzt, überwacht und regelt die vielen einzelnen Bereich der Haustechnik zentral – zum Bespiel vom Frisier-/Körperpflegeplatz aus. Licht, Rollläden, Jalousien, Markisen, Tore, Elektrogeräte, Notruf, Heizung sowie die Schließzustände von Fenstern und Türen lassen sich damit von einem Ort aus managen.
Nassbereich mit fester Bank
Die Badewanne erhält in der Verlängerung eine feste Bank zum bequemen Einsteigen: Der Rollstuhlfahrer zieht sich an den Haltegriffen an der Wand vom Rollstuhl auf die Bank, kann dann die Beine in die Wanne heben und sich hineingleiten lassen. Dabei geben seitliche Griffe Sicherheit. Zusatzhilfe: eine seitliche Klapp-Bank zum Unterfahren.
Wohnliches Ambiente statt klinischem Weiß
Eine raumhohe Wandverkleidung aus Holz und schlammgrauen Fliesen sorgt für eine wohnliche Atmosphäre, ist dennoch pflegeleicht und schützt zugleich vor Spritzwasser. Deckenabkofferungen mit Downlights und Lichtvouten sorgen in allen Bereichen für angenehmes Licht. Außergewöhnliches Highlight im Lichtkonzept: ein Kronleuchter.