Kluge Bäder suchen Wohnung
Mangelware barrierefreie Immobilien
Zwei Zimmer, Küche, Bad – barrierefrei: Wer derlei Wohn-Immobilie sucht, wird selten fündig. Viel zu wenige Wohnungen sind auf die Bedürfnisse von Menschen mit Mobilitätseinschränkungen zugeschnitten. Das Internetportal Immobilienscout 24 berichtete erst kürzlich, dass gerade einmal rund 6 Prozent aller im Jahr 2013 auf ihm zur Miete oder zum Kauf angebotenen Wohnungen als barrierefrei gekennzeichnet gewesen wären.
Angesichts dieser Zahl hat es auch für uns als Aktion Barrierefreies Bad höchste Priorität, Wohnungen (nicht nur) für Senioren stärker zu fördern. Vergleicht man die Kosten eines altersgerechten Umbaus mit denen stationärer Pflege, rechnen sich solche Maßnahmen immer. Darüber hinaus gibt es bereits zahlreiche kluge Ausstattungslösungen für altersgerechte Badezimmer. Bodenebene Duschen, Spiegelschränke und WCs mit Nachtlicht warten ebenso auf einen Einsatz wie der serienreife Spiegel mit eingebauten Erinnerungshilfen zur täglichen Körperpflege. Schon vor Jahren haben sich Institutionen wie das Fraunhofer-Institut für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme gemeinsam mit Unternehmen der SHK-Industrie an die Entwicklung eines intelligenten Badezimmers gemacht und es zum Leben erweckt.
Wenn das Badezimmer mitdenkt
Das WC kennt jeden einzelnen Bewohner und stellt sich automatisch auf seine Körpergröße ein. Das Licht geht automatisch an und aus. Die Armatur schließt sich von selbst, um Wasser zu sparen. Für die Kinder gibt es Zahnputzalarm und für den nach einem Schlaganfall zeitweise leicht desorientierten Opa einen Spiegel, der ihn dazu anhält, sich zu rasieren. Was er, aber auch die anderen Mitbewohner sonst noch machen sollten, zeigen weitere beleuchtete Piktogramme für Waschen, Zähneputzen und Kämmen. Wenn es Zeit ist, Medikamente einzunehmen, meldet sich eine Stimme aus dem Lautsprecher. Sensoren zeichnen jede Aktivität auf. Sollte sich Opas Gesundheitssituation verschlechtern, lässt sich am Computer kontrollieren, was von ihm gemacht wurde und was nicht. Stürzt Opa gar, kommt die Hilfe automatisch.
Wasser auf Zuruf
Des Weiteren sind Umgebungsassistenzen auf dem Vormarsch – auch, weil die Techniken für ihre Vernetzung mittlerweile zur Verfügung stehen. Dank Smart Home-Technologie stellten beispielsweise moderne Armaturensysteme quasi auf Zuruf gewünschte Temperaturen oder gleich ein ganzes Duschprogramm mit passendem Lichtambiente bereit. Menschen mit Handicap können auf diese Weise tägliche Routineaufgaben wie Waschen oder Duschen ohne Unterstützung von Familienangehörigen oder Pflegediensten erledigen. „Ein mitdenkendes Badezimmer wird in einem immer älter werdenden Deutschland mehr und mehr an Bedeutung gewinnen“, prophezeit Jens J. Wischmann, Geschäftsführer der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft (VDS). Sie hat die Aktion Barrierefreies Bad mit ins Leben gerufen.
Drei Millionen altersgerechte Badezimmer bis 2030 benötigt
Auch für Matthias Thiel vom Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK), ebenfalls Mitinitiator von Aktion Barrierefreies Bad, ist das Badezimmer ein wichtiger Schlüssel für das selbstständige Wohnen im Alter. Der Referatsleiter Betriebswirtschaft, Datenmanagement und Demografischer Wandel zeigt sich alarmiert. Laut aktuellen Berechnungen werden bis zum Jahr 2030 zusätzliche rund drei Millionen altersgerechte Wohnungen benötigt – und damit auch rund drei Millionen altersgerechte Badezimmer. Immerhin: „Das KfW-Programm ‚Altersgerecht Umbauen’ unterstützt diese Baumaßnahmen zielgerecht. Im Rahmen von Wohn-Riester etwa ist der altersgerechte Umbau seit Beginn des Jahres förderfähig“, konstatiert Thiel.
Demografie-Symposium in Berlin
Mit Blick auf solche Zahlen tut sich für das SHK-Handwerk ein großes Betätigungsfeld auf. Nicht zuletzt deshalb ist es wichtig, die Fördermaßnahmen des Bundes und die Möglichkeiten, sie tatsächlich in der Praxis umzusetzen, aus Sicht der Fachleute vor Ort zu beleuchten. Daher lädt der ZVSHK jetzt gemeinsam mit der KfW-Bankengruppe u. a. Badprofis, Vertreter von Branchenorganisationen sowie von Verbänden für Wohneigentum und Wohnberatung für Ende Oktober zu einem Demografie-Symposium nach Berlin ein. Anschließend heißt es Kommunikations-Konzepte anzuschieben, mit denen speziell Wohneigentümer motiviert werden sollen.
Wir hoffen auf einen schnellen Dialog aller Beteiligten – und einen satten Nachschlag in den Fördertöpfen. Denn es müssen noch sehr viel mehr Anreize geschaffen werden, um alle Barrieren zu beseitigen. Nur so können wir künftigen gesellschaftlichen Bedürfnissen auch nur annähernd gerecht werden. Wir bleiben für Sie am Ball.